Ein Jahr ohne Alkohol – ein Erfahrungsbericht

von Patrick Kolei Kommentare Erfahrungsbericht

Am 31.12.2015 fasste ich am Silvesterabend spontan einen Entschluss: Das komplette Jahr wollte ich keinen Tropfen Alkohol konsumieren. Was mit einer spontanen Idee begann, entwickelte sich im Laufe des Jahres zu einer wahren Trotzreaktion. Inwiefern sich, auf Grund meiner persönlich in dieser Zeit gesammelten Erfahrungen, in unserer Gesellschaft der Alkohol bereits etabliert hat, habe ich dabei mehr als einmal erfahren. Dennoch gab es durchaus auch positive Reaktionen. Besonders Menschen aus meinem sportlichem Umfeld, welche um meine sportlichen Herausforderungen in diesem Jahr wussten, hatten dafür großes Verständnis. Ich traf diese Entscheidung für mich aus rein sportlichem Aspekt, doch die Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft hat mich dann doch sehr verwundert.

Zugegeben, ich hatte schon vor dieser Entscheidung nie viel Alkohol in meinem Leben getrunken. Selbst in meiner Jugend hatte ich zum Glück eine Clique, in der wir vielleicht ab und zu mal etwas tranken, doch haben wir dabei nie wirklich übertrieben oder es zur Regelmäßigkeit werden lassen. Dadurch kann ich mich in meinem ganzen Leben nur an drei Tage erinnern, an denen ich über den Durst getrunken hatte und nicht mehr wusste wo vorne und hinten war. Die Tage danach waren mir eine Lehre, auch wenn es mir beim ersten Mal anscheinend nicht schlecht genug gegangen war. Es gab aber sicherlich auch Phasen in meinem Leben, da hätte ich alleine schon durch das Umfeld mehr mit Alkohol in Berührung kommen können. Ich hatte allerdings immer genug Rückgrat um es nicht zu tun. Was ich mir beim Rauchen auch hätte gewünscht, aber das ist ein anderes Thema.

Vielleicht lag es auch daran, weil mir bis Mitte zwanzig überhaupt kein Bier geschmeckt hatte. Auch einen guten Wein habe ich bis Anfang dreißig lieber den anderen überlassen. Von wirklich hartem Zeug ganz zu schweigen. Erinnern kann ich mich nur an die RedBull-Wodka-Zeit. Damals war ich allerdings öfters der Fahrer und habe hier wohl keine größeren Schäden davongetragen. Dennoch hatte ich auch damals schon gemerkt, dass es gesellschaftlich durchaus dazu gehört und es kaum Situationen gab, an denen es unpassend gewesen wäre mal ein Gläschen (mit) zu trinken. Geburtstage. Hochzeiten. Beerdigungen. Junggesellenabschiede. Weihnachtsfeiern. Sommerfest. Kinoabende. Grillfeste. Könnt ihr euch an eine Veranstaltung erinnern, an der ihr teilgenommen habt, bei der es keinen Alkohol gab? Abgesehen natürlich von sportlichen. Wobei … anderes Thema.

Die Gründe – Warum eigentlich?

Doch was waren denn nun schließlich meine Beweggründe ein ganzes Jahr auf den Alkohol zu verzichten. Ich hätte es doch auch erstmal mit einem Monat oder vielleicht sechs versuchen können. Als ich am Silvesterabend 2015/16 über das neue Jahr nachdachte, freute ich mich unheimlich auf meine neuen sportlichen Herausforderungen. Allen voran natürlich dem absoluten Highlight: Der Challenge Roth, meiner erstem Triathlon Langdistanz. Ich fieberte so auf diesen Termin hin, dass ich das Beste aus mir herausholen wollte und mir natürlich auch viele Gedanken über mein Training und die Ernährung machte. In der Ernährung gehörte eben auch die vernünftige Getränkeauswahl dazu. Auf Zucker in meinen Getränken hatte ich ohnehin bereits längst verzichtet.

Doch wie stand es mit dem Alkohol? Als ich an diesem Silvesterabend üblicherweise mit einem Sektglas anstieß, um das neue Jahr zu begrüßen, fasste ich schließlich spontan einen Entschluss. Ein Jahr wollte ich auf den Alkohol komplett verzichten. Alle die mich kannten, wussten sofort, ich machte damit keinen Spaß und ich würde das auch komplett durchziehen. Das war ich mir und meinem Ehrgeiz einfach schuldig. Doch außer in meinem näheren Umfeld hatte ich mein Vorhaben nicht weiter kommuniziert und es gab auch keinen Beitrag auf meinem Blog dazu. Ich fürchtete nicht, dass ich aufgeben und das Gelächter große werden würde. Ich wollte es mir einfach selbst beweisen und vor allem wollte ich gesund mein Training gestalten.

Das ich am Ende als Finisher bei meiner ersten Langdistanz überglücklich über die Ziellinie laufen durfte, ist meinen Lesern an dieser Stelle sicherlich bekannt. Wenn nicht, verweise ich gerne noch mal auf meinen vollständigen Bericht: Challenge Roth – die Erfüllung meines sportlichen Lebenstraums. Ob es allerdings einen Zusammenhang mit meinem Alkoholverzicht gab, kann ich am Ende ohne ärztlichen Beistand nicht beweisen. Den hatte ich mir übrigens auch nicht eingeholt und ich dachte, dass diese Entscheidung eher positive Folgen für mich hätte.

Die Vorteile – Sportlichkeit

Googelt man zum Beispiel nach „Sport und Alkohol“, sollten einem die ersten fünf Treffer eigentlich schon genug Gründe liefern, warum der Alkohol generell und ganz besonders schlecht für Sportler ist. An dieser Stelle möchte ich nochmals betonen, dass ich mich nicht als generellen Gegner des Alkohols sehe, für mich aber der Trainingserfolg an erster Stelle stand. Gerade in diesem für mich sehr wichtigem Jahr. Ich mag es durchaus, mit Freunden Essen zu gehen, dabei ein kühles Weißbier oder ein Gläschen Wein zu genießen.

Zurück zu den Argumenten, welche ich bereits auf den ersten fünf Treffern meiner Suchanfrage gefunden hatte. Es sollte eigentlich klar sein, man tut dem Körper nichts Gutes und der Schlafrhythmus / die Schlafqualität nehmen rapide ab. Dadurch, dass Alkohol dem Körper Wasser entzieht und somit dehydriert, können wichtige Funktionen, wie zum Beispiel die Regeneration während des Schlafs, nicht ordentlich arbeiten. Gerade in einer harten Belastungswoche ist das natürlich alles andere als optimal. Der Alkohol alleine ist dabei allerdings schon ein Dickmacher. Wenn man weiter bedenkt, dass das Cortisol ansteigt, dafür sorgt, dass der Muskelabbau beschleunigt und der Abbau von Fettgewerbe gehemmt wird, sollte nun überlegen ob das ein sinnvoller Trainingseffekt ist und sollte begriffen haben, warum so viele Sportler gänzlich oder in der eigentlichen Trainingsphase auf den Konsum von Alkohol verzichten.

Interessant fand ich auch ein Beispiel, in dem beschrieben wurde, inwiefern ein paar Drinks bereits den Trainingsfortschritt beeinflussen können. Dabei hieß es nämlich: „Bereits 5-6 alkoholische Getränke an einem Partyabend kann den Trainingsfortschritt eines ganzen Monats ausradieren.“ Eines ganzen Monats?! Ja. Wenn man sich diesen Effekt wirklich vor Augen führt und dabei bedenkt, wie viele Stunden man innerhalb dieser 4 Wochen schwitzt und alles tut um in Form zu kommen, dann ist das für mich gerade 2016 undenkbar gewesen. Einfach mal so einen Trainingsmonat wegschmeißen. Dafür hatte ich weder Zeit noch Lust.

Die Nachteile – Gesellschaftlich

Nachteil hört sich in diesem Kontext eventuell etwas seltsam an, denn mir war schon immer relativ egal was andere Menschen über mich, meinen Sport oder meine Einstellungen denken. Auch in diesem Fall hatte ich ein Ziel und habe es durchgezogen. Allerdings habe ich über das Jahr nicht nur positive Erlebnis erfahren, denn es waren durchaus eher kritische Dinge dabei, über die man sich im Nachhinein nochmal richtig Gedanken machen sollte. Anfangs hatte ich hingewiesen, dass es heutzutage kaum ein Ereignis gibt, bei dem kein Alkohol konsumiert wird. Gesellschaftlich ist es also völlig in Ordnung, vielleicht sogar schon ein Muss mit zu trinken. Das alles wird kaum bemerkt, wenn man immer brav dabei ist. Ob viel oder wenig spielt erstmal keine Rolle.

Wenn man allerdings auf die Frage: „Magst auch ein Bier oder Wein“ mit dem Satz: „Ich trinke dieses Jahr gar keinen Alkohol“ antwortet, sind die Reaktionen meist immer gleich gewesen. Unverständnis und fast schon leichtes Entsetzen. Wie? Ein ganzes Jahr ohne Alkohol. Einige von diesen Menschen hatten sich dann allerdings schon die Mühe gemacht etwas genauer nachzufragen. Bei der Erläuterung meiner sportlichen Ziele kamen in der Regel dann aber doch wieder sehr versöhnliche Worte. Es gab allerdings auch ein paar Fälle, bei denen eher Kommentare wie „Darauf würde ich auch für den Sport nicht verzichten“, was mich in dem Moment dann doch etwas schockierte. Ist es denn wirklich in der heutigen Gesellschaft völlig normal geworden? Dabei meine ich nicht die Sorte von Mensch, die sich beim Abendessen oder nach dem Feierabend unter Kollegen mal einen Drink gönnen. Es geht um die Trinkmengen die dort meist in sich hineingeschüttet werden.

Ich wohne in München und es sollte an dieser Stelle klar sein, auf welchen jährliche Ereignis ich abziele. Das Oktoberfest. Natürlich habe ich mich auch 2016 nicht von einem Besuch abhalten lassen, aber es war dann für mich schon eine gänzlich andere Stimmung als die Jahre zuvor. Als mir meist ein Maß gereicht hatte, um stehend auf einer Bank die bekanntesten Schlagerhits mit zu grölen. Mit einem alkoholfreien Maß, habe ich das in diesem Jahr natürlich aus einem anderen Blickwinkel gesehen. Es hat mich teilweise schon angewidert, wie vor allem meist junge Frauen und Männer morgens auf dem Weg in mein Büro, bereits mitten in der Woche, auf der Hackerbrücke in der Ecke lagen. Das sogenannte „Komasaufen“ scheint auch hier wieder sehr beliebt gewesen zu sein.

Ich möchte diesen Bericht aber nicht zu einem Feldzug gegen den Alkohol werden lassen. Jeder sollte für sich entscheiden mit welchen Abhängigkeiten er sich da in ein eventuell gefährliches Gebiet begibt und welche Langzeitschäden zu erwarten sind. Es ist völlig legal verfügbar und die leichte Verfügbarkeit dieser Droge ist eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung einer Abhängigkeit. Nicht umsonst gibt es in Deutschland 1,3 Millionen alkoholabhängige.

Es gab über die Monate aber auch lustige Momente. So kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, wie meine erste Bestellung bei meinem Lieblingsinder ablief. Jeder der dort schon einmal Essen war bzw. bestellt hat weiß, dass es dort öfters mal einen kleinen Schnaps gibt, um die Wartezeit etwas zu „versüßen“. Auch ich habe hier immer gerne zugegriffen. Ungläubig wurde ich allerdings angeschaut, als ich diesen plötzlich ablehnte. Gerade die 12 Monate schienen für viele undenkbar zu sein.

Dabei gab es auch immer wieder kleine „Überredungsversuche“. So habe ich den Satz „Ach, ein kleines Getränk geht schon, wer merkt das denn?“ Meine Antwort war immer dieselbe: „Ich“. Ich hatte es mir vorgenommen, genau 12 Monate lang.

Die Alterativen – die Alkoholfreien

Das ich nun im ganzen Jahr nicht nur Wasser oder Säfte getrunken habe, sollte klar sein. Auch wenn ich momentan zwischen 2,5 – 3,5 Liter Flüssigkeit pro Tag zu mir nehme, wollte ich ein paar Alternativen testen. Es scheint auch bei den Brauereien angekommen zu sein, dass es immer mehr Menschen gibt, die auch gerne mal etwas alkoholfreies trinken möchten. So ist es kaum verwunderlich, dass sich zum Beispiel Erdinger als Sponsor bei vielen sportlichen Veranstaltungen positioniert hat und sein alkoholfreies Bier gerne als isotonisch bewirbt.

Das ist kein Marketingtrick, sondern in der Tat so. Auch ich freue mich nach meinen sportlichen Aktivitäten immer auf ein schönes Bier, nur eben ohne Alkohol. Dabei ist das Erdinger auch eines der wenigen für mich, die wirklich trinkbar sind und schmecken. Gekühlt muss es dabei allerdings sein. Dieses soll auch kein Werbebericht für irgendwelche Bierhersteller sein, allerdings gibt es auch alkoholfreie Biere, die man nicht unbedingt probieren muss. Becks zum Beispiel. Ein tolles Bier, allerdings in die alkoholfreie Variante kaum zu genießen und schmeckt eher wie aus einem alten Turnschuh gepresst. Alkoholfreie Weine – wenn es sowas überhaupt geben sollte – oder gar alkoholfreien Sekt habe ich allerdings nicht probiert. Vielleicht gibt es hier von dem ein oder anderen Erfahrungen, welcher er über meine Kommentarfunktion unten gerne berichten möchte.

Fazit – Wie geht es weiter?

Am 31.12.2016 Silvesterabend habe ich mit einem Sekt auf das neue Jahr 2017 angestoßen. Ein komplettes Jahr ohne Alkohol war somit abgeschlossen. Bereits im November wurde ich oft von Kollegen oder Freunden angesprochen, ob ich denn im neuen Jahr wieder etwas trinken würde. Ich konnte diese Frage allerdings bis zum Silvesterabend nicht 100% beantworten. Mir fehlte über das ganze Jahr nichts und hätte kein Problem damit gehabt, ein weiteres Jahr darauf zu verzichten. Ich habe in den 12 Monaten lustige Dinge, aber auch „negative“ – nennen wir es vielleicht eher seltsame – Erfahrungen gemacht. Natürlich gab es auch für mich Situationen, in denen ich mich gerne gemütlich mit Freunden an die Isar gesetzt und etwas getrunken hätte. Am Ende hatte ich mich aber daran gewöhnt, wie mein Umfeld eben auch. Die Fragen blieben irgendwann einfach aus.

Die Entscheidung hatte ich für mich ganz alleine getroffen und das in erster Linie aus rein sportlicher Sicht. Das Jahr hat mir allerdings auch gezeigt, dass ich ab und zu mal eine Trotzeinstellung angenommen hatte. Jetzt erst recht, habe ich oft zu mir gesagt. Es konnte doch nicht sein, dass ich bezüglich dem Verzicht auf Alkohol nun als außenstehender gelten sollte. Viele hatten den Zusammenhang mit dem Sport akzeptiert. Ich für meinen Teil werde allerdings – gerade aus den Erfahrungen die ich in diesem Jahr gesammelt habe - zukünftig auch verständnisvoller mit Dingen umgehen, die vielleicht für mich nichts sind, aber die jemand anders für sich ausprobieren möchte.

13 Tage ist das Jahr 2017 bereits alt und seit dem Silvesterabend habe ich keinen Schluck Alkohol getrunken. Nicht, weil ich ein neues alkoholfreies Jahr angehen möchte, sondern vermutlich, weil ich mich einfach daran gewöhnt habe. Alleine zu Hause habe ich ohnehin nie getrunken. Ich werde in diesem Jahr nicht gänzlich auf den Alkohol verzichten, sondern einfach einen genauen Blick auf den Zeitpunkt werden. Sollte ich mich in einem Trainingsplan befinden, werde ich komplett darauf verzichten. Denn auch 2017 warten wieder tolle sportliche Herausforderungen auf mich. In anderen Phasen freue ich mich auch darauf, wieder ein normales Weißbier trinken zu können und es wird sicherlich bei dem ein oder anderem Filmabend auch wieder ein Gläschen Wein geben. So kann ich für mich einen gesunden Mittelweg einschlagen und weiß, dass meine sportliche Leistungsfähigkeit bei Wettkämpfen nicht zu sehr eingeschränkt ist. Solange der Alkohol für mich ein Genussmittel und kein Muss ist, kann ich in Zukunft gut damit leben.

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