Berlin Marathon 2015 - mein emotionaler Ausblick
von Patrick Kolei Kommentare Marathon
Für viele Marathonläufer ist der Berlin-Marathon ein besonderes Ziel. Diese besondere Magie, welche über der Stadt und der Strecke liegt, ist bereits zu spüren wenn man sich für seinen allerersten Marathon in einer anderen Stadt oder Land vorbereitet. Sie wird umso stärker, wenn man diesen und vielleicht auch noch weitere Marathons als Finisher erfolgreich abgeschlossen hat. Man möchte unbedingt einmal im Leben auf die Strecke, die so viele Sportler in ihren Bann zieht. Dort, wo sich die gesamte Weltelite der Marathonläufer trifft und Jahr um Jahr um Bestzeiten kämpft. Und auch wenn ich dort vorne natürlich nicht zu finden bin, so werden auf einer der schnellsten Marathonstrecken immer wieder neue Rekorde aufgestellt. Klangvolle Namen wie Eliud Kipchoge, Emmanuel Mutai, Patrick Makau, Wilson Kipsang, Haile Gebrselassie und natürlich Dennis Kimetto, welcher im Jahr 2014 dort den Weltrekord auf eine unglaubliche Zeit von 02h 02' 57'' "hämmerte". Auch ich möchte mich in diesem Jahr verbessern und eine neue persönliche Bestzeit angehen. Meine derzeitige Bestzeit von 03h 16' 35'' habe ich beim München Marathon 2014 erlaufen.
Doch bevor ich mit meinen Planungen und der eigentlichen Vorbereitung beginnen konnte, musste ich erst mal den Auslosungsprozess überstehen. Am 20. November 2014 um 13:52 Uhr hatte ich Gewissheit. An diesem Tag erhielt ich die E-Mail mit der Zusage einen Startplatz für Berlin im Losverfahren ergattert zu haben. Nachdem im Jahre 2012 alle 40.000 Startplätze innerhalb von ca. 3 1/2 Stunden restlos vergeben waren, und somit viele enttäuschte die 40. Auflage nicht als aktiver Sportler miterleben durften, führte der Veranstalter ab dem Jahr 2013 dieses Verfahren ein. Damit sollte die Anmeldung für alle interessierten gerechter werden, was die Wahrscheinlichkeit für jeden einzelnen aber nicht wirklich steigerte. So hatte man 2014 bei mehr als 75.000! Anfragen eine 42,6 prozentige Chance einen von den insgesamt 31.000 Plätzen zu bekommen. 8000 Plätze erhalten Reiseveranstalter, weitere 1000 sind Charity-Tickets. Ich hatte nun also meinen Startplatz, die Vorbereitung konnte beginnen. Körperlich wie mental.
Wahre Emotionen an und auf der Strecke garantiert!
Der Berlin Marathon wurde von Horst Milde ins Leben gerufen und feierte 1974, also 3 Jahre vor meiner Geburt, seine Premiere. Damals kamen 280 Sportler! Viele Jahre später, also am 30. September 1990 starte bei der 17. Auflage auch mein Vater, Bernd Kolei, bei seinem ersten Marathon und erreichte damals eine persönliche Bestzeit von 03h 52' 03''. Dieser Start, dieses besondere Jahr war nicht nur für ihn, sondern auch für ganz Deutschland ein "Jahrhundertereignis". Drei Tage vor der deutschen Einheit am 03. Oktober 1990 gab es damals bereits die "sportliche Wiedervereinigung" auf den Straßen Berlins und wurde so als "Wiedervereinigungsmarathon" bekannt. Nach knapp 45 Jahren konnten nämlich die Läufer und Läuferinnen wieder durch das Brandenburger Tor von West nach Ost und über den Potsdamer Platz zurück in den Westteil laufen. Dabei konnte die Veranstalter natürlich wieder mit 25.000 Läufern und Läuferinnen eine Rekordbeteiligung erreichen. Auch wurde das Ereignis erstmals Live im TV ausgestrahlt.
Damals war ich also 13 Jahre alt. Und auch wenn ich mich leider nicht mehr persönlich an dieses Ereignis meines Vaters erinnern kann, so kann ich mich noch sehr gut an sein Training und den ein oder anderen "kleineren" gemeinsamen Lauf durch den Wald mit der damaligen Laufgruppe erinnern. Auch wenn ich heute nicht genau weiß, warum ich damals nicht mit an der Strecke sein konnte, so erzählt mir meine Mutter oft noch von den Momenten in denen sie meinen Vater auf der Strecke sah und versuchte zu unterstützten. Hier gibt es natürlich widersprüchliche Aussagen meiner Eltern, aber eine blieb mir immer ganz besonders in Erinnerung. So erzählte sie mir oft von dieser magischen Kilometermarke 37: "Plötzlich habe ich Deinen Vater gesehen, er war so ausgemergelt und sah einfach schrecklich aus. Als er an mir vorbei lief und ich ihm noch eine Weile nachschaute, dachte ich bei jedem Schritt er würde umkippen. Er hat gekämpft!". Natürlich musste ich jedesmal darüber lachen. Jedenfalls solange ich noch keinen eigenen Marathon in den Beinen hatte und ich noch nicht dieses Kilometerschild 37 selber an mir vorbei kriechen sah.
Mein Vater schilderte seinen Marathon natürlich etwas anders, auch wenn er dabei die Szene aus Kilometer 37 nicht weiter in seiner Geschichte beachtete. Auf den mir vorliegenden Fotos sieht er beim Zieleinlauf nämlich wirklich sehr fit aus, allerdings wissen wir Marathonläufer auch, welches Adrenalin auf den letzten Metern durch den Körper fließt und wie leicht man dann über den Beton gleitet. Damals war noch nicht an eine GPS-Überwachung per Smartphone oder Uhr zu denken, die Läufer und Läuferinnen teilten sich ihre Distanzen ein und errechneten ihre Geschwindigkeit bei den Kilometerabschnitten immer wieder neu. So hatte er sich seine 5 km Zeiten mit einem Edding auf den Unterarm geschrieben, sodass er diese während dem Lauf immer wieder kontrollieren konnte. Bei Kilometer 15 angekommen, rechnete er wieder und musste mit Entsetzen feststellen, dass er zu diesem Zeitpunkt viel zu schnell unterwegs war. An dieser Stelle der Erzählung nicke ich immer wieder, denn diesen "Fehler" mache ich und viele andere auch heute noch. Allerdings hatte er dafür eine andere Erklärung als ich Anfangs vermutete: "Da liefen also diese beiden Mädels vor mir. Sie sahen fit und trainiert aus und so ..." In diesem Moment verdrehte meine Mutter meist die Augen und wir wussten alle um die lustige Geschichte der schnellen Anfangszeit. Mir sagt das allerdings nur: Konzentriere Dich auf Dein eigenes Rennen und versuche Dich nicht von anderen beeinflussen zu lassen ;-)
Trainingsplan & Tagebuch
Am 27. September 2015 um 09:00 Uhr werde ich nun also am Start stehen und mich bereit machen, um die Strecke des Berlin Marathons erfolgreich zu absolvieren. Es ist zwar nicht mein erster, aber mit den oben beschriebenen Emotionen wird es sicherlich ein ganz besonderes Highlight für mich. Wie bereits betont, ist die Strecke in Berlin eine schnelle, mit einem sehr flachen Höhenprofil. Die perfekte Gelegenheit also, um mein erfolgreiches sportliches Jahr mit dem Versuch einer neuen persönlichen Bestzeit abzuschließen. Im Vorfeld habe ich mir darüber natürlich viele Gedanken gemacht. Auch die bereits absolvierten Läufe in diesem Jahr waren bei der Findung einer geeigneten Zielzeit für mich wichtig. So habe ich in Q1/Q2 viele Bergläufe absolviert und keinen Wert auf Grundschnelligkeit gelegt. Das Training bestand vielmehr aus Kilometer plus vielen Höhenmetern. Aus diesem Grund entschied ich mich für eine Verbesserung von knapp 10 Minuten, sodass ich meinen Trainingsplan auf 03h 05" auslegte.
Ich entschied mich ebenfalls wieder für die Vorbereitung mit dem Countdown-Plan von Peter Greif. Nach diesem trainiere ich bereits seit vielen Jahren, bisher hat er mich an jedes meiner gesteckten Ziele gebracht. Am Montag, dem 03.Ausgust begann daher wieder mein 8 wöchiger Vorbereitungs-Plan, welcher einen Gesamtumfang von ca. 730 km aufwies. Dabei absolvierte ich zudem 5 Trainingseinheiten in der Woche, welcher jede einzelne mich auf Tag X und ein Marathonrenntempo von 04' 23'' /km vorbereiten sollten. Zum Vergleich: Letztes Jahr sollte ich auf der gleichen Distanz in München eine 04' 37'' /km erreichen um eine Zielzeit unter 3h 20' zu knacken. Auch die freien Tage habe ich zur optimalen Regeneration genutzt.
Die Vorbereitung ist nun bereits schon in der letzten 8. Woche angekommen. Meine Motivation ist weiter ungebrochen, auch wenn die Trainingseinheiten nicht alle reibungslos verliefen. Ich habe wieder viele regenerative, extensive, Tempodauerläufe und vor allem auch verschiedene Intervalle absolviert und auch darüber geschrieben. Das komplette Trainingstagebuch habe ich auf meinem Blog veröffentlicht und ich hoffe, dass es der ein oder andere in den letzten harten Wochen etwas verfolgt hat. Auch weitere Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter hatte ich dafür genutzt, um anderen einen Eindruck meiner Vorbereitung zu geben und evtl. auch dem ein oder anderen Kraft und Disziplin mit auf den Weg zu geben. Dort nutzte ich immer den Hashtag #berlin305, um alle meine Einträge zu filtern. Nicht bei allen meiner befreundeten Sportler lief die Vorbereitung verletzungsfrei, sodass einige davon sogar eine bereits zugesicherte Teilnahme beim Berlin Marathon absagen mussten. Ich wünsche allen eine schnelle Genesung, eine gute Erholung und die mentale Kraft dieses Ziel erneut anzugehen.
Nun freue ich mich darauf, die Reise nach Berlin am Freitag antreten zu können. Es werden spannende, harte aber sicherlich auch sehr schöne Momente dabei sein. Ich hoffe auf viele neue Eindrücke aus dieser tollen Stadt. Wieder darf ich neue Menschen kennen lernen, denn am Samstagabend wird es wieder eine eigens organisierte Pasta-Party geben. Einige bekannte, aber sicherlich auch neue Gesichter werden uns dort begegnen. Die Nervosität wird in den nächsten 3 Tagen steigen. Die Emotionen & wahnsinnige Vorfreude sind mir gerade bei der Erstellung dieses Beitrags noch mal deutlich geworden. Der Blick auf den Wetterbericht lässt mich ebenfalls von einem Traumtag träumen. Romy wird auch dieses mal wieder an meiner Seite sein und mich in jeder Sekunde anpeitschen, motivieren und untersützen! Bei Franzi in Berlin haben wir die Möglichkeit der Übernachtung bekommen, auch hier gibt es ein fettes DANKESCHÖN!
Ich werde berichten. Sobald ich mich wieder bewegen kann ;-)
Video
Einen kleinen Vorgeschmack auf diese tolle Strecke hat der Veranstalter auf seiner Webseite natürlich auch per Video veröffentlicht. Es ist unfassbar viele Menschen sich in einer riesigen Schlange durch Berlin bewegt und das Gefühl dieses Jahr einer von diesen Läufern sein zu dürfen, bereitet mir jetzt schon sehr viel Freude!
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